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Da sind Menschen, die etwas tun!

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Rückblick auf den Kommunalkongress 2023 in Potsdam „Nachhaltigkeit aktiv gestalten – Kommunen gehen voran!“

 

Meine ganze Mutlosigkeit zum Thema Nachhaltigkeit kann man in diesem Kongress zusammenfassen: Der Bürgermeister meiner Stadt, der nach einer halben Stunde Grußwort und Podium die Veranstaltung verlässt. Die Bundesebene, die ebenfalls abgesehen von Grußworten durch Abwesenheit glänzt, ganz so als gäbe es wichtigeres als den Menschen, die die Transformation umsetzen wollen zu zuhören. Ein Hotel als Kongressort, dass zwar ein grünes Label trägt, wo aber nach einer halben Stunde die Klimaanlage anspringt und es keinen Bio-Tee, dafür jede Menge Fleisch zum Mittagessen gibt. Die große Frage >Wie soll sich das bezahlen lassen?< ohne zu sehen, was wir allein in den Pflichtaufgaben tun können, wenn wir sie nicht länger nur am niedrigsten Preis ausrichten. Und ohne zu sehen, dass unsere Untätigkeit viel mehr kostet, als nur ein paar Millionen Euro. Schon jetzt kostet sie Menschenleben. Auch bei uns.

 

Unter dem Motto „Nachhaltigkeit aktiv gestalten – die Kommunen gehen voran“ haben die
Bertelsmann Stiftung und die “Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ bei Engagement Global kommunale Expert:innen zum Kommunalkongress vom 05. bis 06. Juni 2023 nach Potsdam eingeladen. Anlass war die kommunale „Halbzeitbilanz zur Agenda 2030“, die das Difu gemeinsam mit der Stiftung erarbeitet hat. Wenn Sie mehr zur Halbzeitbilanz erfahren wollen, lesen Sie gern den Artikel meines Kollegen Dr. Gerold Fierment. Ich werde hier über den Kongress an sich berichten.

 

Es waren ca. 150 Menschen vor Ort, davon eine Handvoll Vertreter:innen aus Brandenburg, wobei die Brandenburger:innen eher aus der Zivilgesellschaft kamen, als aus den Kommunen. Der Potsdamer OB Mike Schubert sprach am Anfang ein Grußwort, blieb zur Podiumsdiskussion und ging dann schnurstracks, vermutlich zu einem Folgetermin. Damit hatte die Kommune Potsdam die Tagung verlassen. Das ist in meinen Augen bedauerlich, aber auch nicht verwunderlich, so wie in der Stadt gegenwärtig die Diskussionen rund um den Staudenhof und den Bauhaus Erde-Pavillon in der Innenstadt geführt werden. Mag Potsdam nach außen hin auch eine junge grüne Stadt sein, im Inneren ist sie ein staubiges Museum.

 

Ebenso verschwanden nach der Mittagspause des ersten Tages ein Großteil der Vertreter:innen der Landes- und Bundesebene, wie auch Herr Kuckel, Bürgermeister aus Ettling bedauernd feststellte. Und so blieb es dabei, dass sich die Vertreter:innen der Kommunen untereinander austauschten, die Herausforderungen und Bedürfnisse aber nicht direkt in den Bundestag getragen werden konnten. Wie soll so die dringend erforderliche Aufbruchstimmung für eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft auf allen Ebenen, also von der Rahmen setzenden Bundes- und Länderebene wie der kommunalen Umsetzungsebene, erzeugt werden? Dabei stellten verschiedene Menschen im Laufe des Kongresses fest: „Alles was der Bund beschließt, muss auf kommunaler Ebene umgesetzt werden.“ Leider funktioniert wohl der Rückfluss, was dafür vor Ort benötigt wird, eher schleppend. Dabei wäre genau das so wichtig. Oder wie OB Schubert fragte: „Beim Bund-Länder-Asylgipfel saßen keine Kommunen mit am Tisch. Warum nicht?“

 

Erschreckend ist für mich immer wieder, dass auf politischen Veranstaltungen ich mit meinen 32 Jahren zu den jungen Wilden gehöre. Beim Kommunalkongress wurde mir wieder einmal sehr deutlich gezeigt, wie viele Menschen die jetzt zukunftsweisende Entscheidungen treffen sollten, die Konsequenzen ihres Handelns nur noch am Rande ihres Lebens erreichen werden. Um so mehr freute ich mich, zwei junge Kreistagsmitglieder (19 & 30 Jahre!) aus Niedersachsen kennen zu lernen. Zwei, von 150 Menschen. Es gab schon auch andere jüngere Menschen, doch die kamen eher aus der Zivilgesellschaft.

 

Während der Veranstaltung wurde die gute Arbeit der RENN (Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeit) mehrfach erwähnt. Aber wenn deren Arbeit so wichtig ist, gerade für Kommunen, warum wurden Sie dann nicht in die Kongressvorbereitung eingebunden?

 

Vier Dingen scheinen mir essentiell, um den Weg der gesellschaftlichen Transformation erfolgreich zu gehen:

 

  1. Redet miteinander!
    Bitte redet miteinander Bund, Länder und Kommunen. Ihr braucht einander, wenn die Transformation gelingen soll. Da können nicht einfach Dinge an den Menschen, die für die Umsetzung verantwortlich sind, vorbei entschieden werden. Hört einander zu und überlegt, was gerade die wirklich wichtigen Aufgaben sind und wie sie gemeinsam angegangen werden können.

 

  1. Raus aus unserer Blase, rein in den Alltag der Menschen
    „Nehmt euch jede Woche 10 Minuten Zeit [...] um einer Person von all den wichtigen Gedanken und Entwicklungen zu erzählen. Sprecht mit Menschen aus eurem Umfeld, mit Freund:innen und Kolleg:innen, sprecht mit anderen aus der Verwaltung, mit Politiker:innen, ruft einfach eine x-beliebige Nummer aus dem Telefonbuch an.“ (Zwergriese, Halbzeitbrisanz)

 

  1. Nachhaltigkeit muss Grundlage allen organisationalen Handelns werden
    Ja, die Kommunen sind oft überfordert mit ihren vielen Aufgaben, keine Frage! Und sie brauchen eine bessere finanzielle Ausstattung. Und Nachhaltigkeit ist auch wirklich schwierig, wenn sie ein als zusätzliche Aufgabe betrachtet wird, anstelle sie von vorn herein mit zu denken. Bisher schöpfen viele Kommunen ihren Spielraum nicht aus und haben noch nicht erkannt, wie viel Gutes sie schon allein in der Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben bewirken können! Warum nicht mal ein Holzhaus zulassen? Die Parkgebühren saftig erhöhen? Oder auf die Tiefgarage beim nächsten Neubau in der Innenstadt verzichten? Ja, das alles kostet ohnehin schon knappe Ressourcen, aber wenn die Wahl besteht, jetzt Verzicht oder später Vernichtung, fällt die Wahl dann wirklich schwer?

 

  1. „Es gibt noch so viel zu tun.
    Und zugleich auch viele junge Menschen, die machen wollen – also holen wir sie doch dazu!(Zwergriese, Halbzeitbrisanz)
    Und in dem Fall meine ich nicht einfach nur dazu holen, sondern ihnen wirklich ein Mitspracherecht einräumen! Macht abgeben. Es nutzt nichts, den jungen Menschen zuzuhören und dann zu sagen: „Danke für euren Input. Wir machen es trotzdem so wie in den letzten 30 Jahren. Vielleicht stellen wir noch Solaranlagen neben die Autobahnen.“
    Das ist doch ein Witz und dann wird mir auch klar, warum sich so wenige junge Menschen an politischen Prozessen beteiligen und woher die Politikverdrossenheit kommt.

 

Mein Dank gilt umso mehr all jenen Menschen, die in einem zähen Ringen Schritt für Schritt ein bisschen Boden für eine nachhaltige Entwicklung in ihrer Kommune gut machen.

Gut, dass da Menschen sind, die etwas tun!

 

Hinweis: Der Titel dieses Artikels bezieht sich auf den Text Da sind Menschen des Poetryslamers Zwergriese, den er beim Kongress ebenfalls vortrug. Beide Texte finden Sie in den Links.