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Ausgestaltung der europäischen und deutschen Klimaschutz-Governance, Förderung von Schlüsseltechnologien für Klimaneutralität u. Resonanzfähigkeit von Klimapolitik

Um die deutsche Klimapolitik im Einklang mit den EU-Regelungen und dem Ziel der Klimaneutralität weiterzuentwickeln, empfiehlt das Jahresgutachten  der Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS), Klimaschutzgesetz, -programm und -plan in 2022 fortzuschreiben. „Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erfordert mehr Kohärenz in der mittel- und langfristigen Klimaschutzplanung“, sagt Sabine Schlacke, Co-Vorsitzende des Lenkungskreises der WPKS. „Die Bundesregierung sollte daher die wichtigsten Planungsinstrumente wie den Klimaschutzplan, die Klimaschutzprogramme und den nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) besser miteinander verzahnen sowie gesetzlich stärker im Klimaschutzgesetz verankern.“

Das Gutachten zeigt, dass die Bundesregierung jetzt wichtige Weichen stellen muss, um den Beitrag und die rechtzeitige Wirkung von Schlüsseltechnologien zur Klimaneutralität sicherzustellen. Zusätzlich zum schnelleren Zubau von erneuerbaren Energien empfiehlt das Gutachten, eine Strategie für den Import von erneuerbaren Energien zu entwickeln. Neben dem Aufbau einer grünen Wasserstoff-Wirtschaft sollte die Bundesregierung den Beitrag alternativer Wasserstoffrouten zur Klimaneutralität wissenschaftlichen fundiert klären lassen. Um den benötigten Beitrag negativer Emissionen zur Klimaneutralität sicherzustellen, sollte die Bundesregierung mit breiter Stakeholder-Beteiligung eine Negativemissions-Strategie erarbeiten und auf dieser Grundlage ein möglichst breites Portfolio an CO2-Entnahmetechnologien fördern. Der rechtzeitige Aus- und Umbau von Infrastrukturen ist Voraussetzung für den Beitrag der Schlüsseltechnologien zur Klimaneutralität.

Die nächste Phase der Transformation zur Klimaneutralität wird die Bevölkerung in vielen Bereichen unmittelbarer und intensiver betreffen als bisher. Klimaschutzpolitik sollte daher ihre Resonanzfähigkeit erhöhen – das geht insbesondere auf drei Wegen: Verteilungsgerechtigkeit müsse zum Kernprinzip der Klimapolitik werden. Dazu müssen die Verteilungswirkungen verschiedener Klimaschutzmaßnahmen stärker erforscht werden. Das Gutachten empfiehlt als Grundlage dafür die Entwicklung von repräsentativen Haushalts- und Unternehmenstypen. Akzeptanzfragen stellen sich insbesondere beim Infrastrukturausbau. Daher bedürfe es innovativer Beteiligungsformate, um Konflikte vermeiden oder lösen zu können, sowie praxisorientierte Partizipationsforschung, um diese Formate kontinuierlich zu verbessern. …..

Das Gutachten gibt auch Empfehlungen, um die aktive Trägerschaft verschiedener gesellschaftlicher Gruppen sowie von Kommunen und Unternehmen gezielt zu stärken: „Politik kann diese aktive Trägerschaft fördern, indem sie die Klimapolitik so ausgestaltet, dass sie Individuen, Organisationen oder gesellschaftliche Teilbereiche in ihrer Eigenlogik adressiert …. Zum Beispiel sollte die Förderung klimaneutraler Mobilität daher stärker auf Maßnahmen zurückgreifen, von denen alle Bürgerinnen und Bürger in gleichem Maße profitieren können, insbesondere die Förderung von Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Fahrrad- und Fußmobilität oder einem Ausbau des ÖPNV bei gleichzeitiger Abschaffung oder Reform von Maßnahmen, die wohlhabendere Haushalte de facto bevorteilen (zum Beispiel der Pendlerpauschale oder der Förderung von Elektrofahrzeugen). Auch das Potenzial von Mieterstrom oder Quartierstrom, der in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Stromkunden produziert wird und zu einer breiteren Trägerschaft von Klimaschutz beitragen könnte, ist bisher noch nicht gehoben. Neben privaten Haushalten lassen sich auch weitere Akteursgruppen in der Gesellschaft als neue Träger von Klimaschutz identifizieren und durch geeignete „Resonanz“-Programme unterstützen. Die Gründung von Genossenschaften kann durch den Abbau von Hürden insgesamt erleichtert und die besondere Rolle von Bürger-Energiegemeinschaften gestärkt werden. …. Reallabore auf Quartiers- oder regionaler Ebene könnten stärker verknüpft und vernetzt werden, um einen längeren und systematischen Erfahrungsaufbau zu ermöglichen. Reallabore sollten auch stärker in ländliche Räume gehen und das Zusammenspiel von ländlicher und urbaner Entwicklung gemeinsam thematisieren.

Kommunale Verwaltungen könnten als Trägerinnen von Klimaschutzmaßnahmen erheblich gestärkt werden, durch eine rechtliche Verankerung von Klimaschutz und Klimaanpassung als kommunale Pflichtaufgaben, im Verbund mit finanzieller Förderung und der Qualifizierung von Kommunalpolitik. Mit Blick auf die finanzielle Förderung von Kohleausstiegsregionen ist sicherzustellen, dass neben einer klimafreundlichen Regionalentwicklung auch eine neue klimagerechte Regionalidentität aufgebaut wird …“.

Quellen:

Pressemitteilung: Jahresgutachten der Wissenschaftsplattform Klimaschutz: „Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Umsetzung des European Green Deal und Reform der Klimapolitik in Deutschland“. 18. Februar 2022

Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Umsetzung des European Green Deal und Reform der Klimapolitik in Deutschland. JAHRESGUTACHTEN 2021. Wissenschaftsplattform Klimaschutz. Zusammenfassung & Kernbotschaften (PDF, 16 S.).